Presseerklärung der Verteidigung im Rondenbarg Verfahren

Das Rondenbarg-Verfahren ist wegen der Covid-19-Pandemielage ausgesetzt und soll zu einem unbestimmten Zeitpunkt neu begonnen werden.

Vor dem Landgericht Hamburg hatte im Dezember ein Prozess begonnen, in dem fünf jugendlichen Angeklagten unter anderem schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wird. Die Jugendlichen hatten sich während des G20-Gipfels an einer Demonstration beteiligt, die in der Straße Rondenbarg von der Polizei angehalten und mit Gewalt aufgelöst worden war. In diesem Zusammenhang waren einige Steine und pyrotechnische Gegenstände aus der Demonstration heraus in Richtung der Polizei geworfen worden, ohne irgendeinen Schaden zu verursachen.

Die fünf Jugendlichen stehen beispielhaft für etwa 80 seinerzeit festgenommene Demonstrationsteilnehmer*innen in einem „Pilotverfahren“ vor Gericht. Keiner und keinem der Beschuldigten wird vorgeworfen, eigenhändig irgendetwas geworfen oder ähnliches getan zu haben. Es soll die bloße Anwesenheit an dem Ort, an dem nach Wertung der Staatsanwaltschaft ein Landfriedensbruch stattgefunden hat, bestraft werden.

Die Verteidigung geht von einem rechtswidrigen Angriff der Polizei auf eine grund- und versammlungsrechtlich geschützte Demonstration aus und hat die in diesem Verfahren erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe von Anfang an als ein politisches Projekt der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.

Rechtsanwältin Fenna Busmann sagt dazu: „Nachdem der Gesetzgeber in einer 1970 durchgeführten Gesetzesreform die bloße Anwesenheit bei unfriedlich verlaufenden Versammlungen ausdrücklich aus dem gesetzlichen Tatbestand des Landfriedensbruchs herausgenommen hatte, soll in diesem Verfahren über die Rechtsprechung der frühere Gesetzeszustand, wie er in vordemokratischer Zeit seit Ende des 19. Jahrhunderts galt, wieder hegestellt werden.“

Die Verteidigung hat auch geltend gemacht, dass es gegen die Grundsätze des Jugendverfahrens verstoße, Jugendliche aus allen Ecken Deutschlands über drei Jahre nach dem Geschehen in Hamburg in einem lang andauernden Großverfahren vor Gericht zu stellen.

Die Verteidigung hatte weiterhin von Anfang an kritisiert, dass die Mandantinnen wegen dieses Prozesses in Zeiten der Pandemie zu wöchentlichen Reisen durch die ganze Republik gezwungen werden und deshalb die Verlegung des Verfahrens gefordert.

Rechtsanwalt Matthias Wisbar kommentiert die jetzt vom Gericht getroffene Entscheidung, das Verfahren auszusetzen: „So richtig die Entscheidung des Gerichts ist, das Verfahren unter den Bedingungen der Pandemie nicht weiter durchzuführen, führt sie zu einer weiteren, mit den Wertungen des Jugendgerichtsgesetzes nicht zu vereinbarenden Verfahrensverzögerung. Den Mandantinnen wird es erneut auf unabsehbare Zeit unmöglich gemacht, nach dem Ende der Schule ihr weiteres Leben, insbesondere weitere Ausbildungen verbindlich zu planen. Allein deshalb gehört dieses Verfahren endlich eingestellt.“

Für die Verteidigung im Rondenbarg-Verfahren

Matthias Wisbar
Rechtsanwalt

c/o Strafverteidigung Schanzenstraße, Schanzenstr. 1, 20357 Hamburg, T: 4809610