Neben allen Prozessbeteiligten sind 24 Prozessbeobachter*innen anwesend. Im Staatsschutzsaal gibt es eine riesige Plexiglasscheibe, welche den Beobachter*innen-Bereich vom Rest abtrennt. Weiterhin besteht die durch die Richterin veranlasste verschärfte Sicherheitsverfügung, welche unter anderem dafür sorgt, dass alle Beobachter*innen ihre Schuhe ausziehen müssen damit sie durchleuchtet werden können. Die Verhandlung beginnt um 9:45 Uhr.
Plädoyer von Anwalt Stefan Schrage: Festzustellen sei, dass seine Mandantin die Kleidung trug, die auf den Fotos nach der Festnahme zu sehen sind: schwarze Regenjacke, hellblaue Jeans, schwarze Schuhe.
Es habe einen Aktionskonsens gegeben. Alle Demonstrationszüge, die vom Camp aus starteten sahen sich daran gebunden. Die Staatsanwaltschaft behauptet es gab drei gute Finger – Grün, Blau, Rot – und einen schlechten, den Schwarzen Finger. Sie bescheinigt diesem ein gewaltbereites und gewaltgeneigtes Verhalten. Was war passiert: Drei Bauzäune wurden auf die Straße gelegt, ein paar Gehwegplatten wurden zerkloppt, ein Nebeltopf wurde gezündet, eventuell wurde ein Graffiti gesprüht. Ein aufrührerischer Verlauf bei einer Demo sähe anders aus. Es hätte keinen Kipppunkt gegeben an dem sich hätte entfernt werden müssen. Nicht alle hätten alles mitbekommen müssen. Die Staatsanwaltschaft habe außerdem ein völlig falsches Bild wie in der linken Szene Entscheidungen getroffen werden. Es gäbe keinen Kopf dem alle folgen. Entscheidungen werden in langwierigen Treffen stundenlang diskutiert. Niemand hätte da das Sagen.
Außerdem bleibt unklar, woher die am Rondenbarg aufgefundenen bzw. gesammelten Gegenstände kommen. Eine Kiste mit Werkzeugen könnten beispielsweise auch vom unmittelbar angrezenden Bauwagenplatz kommen.
Einen Bewurf auf die BFE Eutin bevor die Demonstration in den Rondenbarg eingebogen ist, habe es zudem nicht gegeben. Der Bewurf sei widerlegt. Der Fahrer des vorderen Einsatzfahrzeuges hätte von einem Bewurf, wenn er denn stattgefunden hätte, mitbekommen müssen. Auch in den Fundprotokollen kommt kein Bewurf vor. Wenn es einen Bewurf gegeben hätte, hätte dieser so ein Kipppunkt sein können. Aber es gab ihn nicht.
Es gäbe keinen Beleg dafür, dass seine Mandantin im Camp übernachtet habe. Auch nicht, dass sie von Anfang an, an der Demonstration teilgenommen habe. Zeugen sagten aus, dass Personen später hinzugestoßen seien. Das könnte auch bei seiner Mandantin so sein. Es wäre zum Beispiel möglich, dass sie sich im Bauwagenplatz im Rondenbarg aufhielt und sich von dort aus der Demonstration erst im Rondenbarg anschloss.
Die von einigen Zeug*innen geäußerten Angstgefühle lassen sich schlecht überprüfen. Außerdem sind sie widersprüchlich. Es ließe sich nicht erklären, wieso einige mit ihrem Auto dicht hinter der Demonstration hinterherfuhren oder am Abend noch zum Schauen in die Schanze fuhren. Zudem sei es sehr unterschiedlich, was einer Person Angst mache. Einigen mache ein Polizeizug in voller Montur mehr Angst als ein Schwarzer Block. Anwalt Schrage beantragt einen Freispruch.
Plädoyer von Anwalt Adrian Wedel: Am zweiten Hauptverhandlungstag seien die entscheidenden Sätze gefallen: „Die haben sie aber schön platt gemacht, alter Schwede.“ und „Das müssen wir unbedingt alles sichern […], alles das brauchen wir zur Rechtfertigung der Maßnahme.“
Seien die Angeklagten für Straftaten anderer zur Rechenschaft zu ziehen? Laut dem Brokdorf-Beschluss von 1985 nicht: Nimmt nicht eine Demonstration als Ganzes einen gewalttätigen Verlauf, dann muss für die friedlichen Teilnehmenden der Schutz der Versammlungsfreiheit auch dann erhalten bleiben, wenn Einzelne oder eine Minderheit Ausschreitungen begehen.
Auch der Bundesgerichtshof urteilte 1984, dass selbst wenn eine Person davon ausgehe, dass es bei einer Demonstration zu Gewalttätigkeiten kommen könnte, kann ihr nicht unterstellt werden sich an Gewalttaten zu beteiligen und sich mit den Tatbegehenden zu solidarisieren. Beschlüsse wie die von 2010 vom Verwaltungsgericht Düsseldorf und Köln zeigen auf, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unterlaufen wird, wenn an die Bejahung von Gewalttaten auf Demonstrationen zu geringe Anforderungen gestellt werden.
Der Schwarze Finger sei eindeutig eine nach Artikel 8 des Grundgesetzes geschützte Versammlung gewesen. Das bestreite jetzt selbst nicht mehr die Staatsanwaltschaft.
Während der Verhandlung wurde sich mit verschiedenen Situationen während der Demonstration auseinandergesetzt: Auf der Höhe des Recyclinghofes in der Schnackenburgallee sei eine Person mit ihrem Fahrzeug wohl sehr dicht auf die Demonstration aufgefahren. Eine Person habe laut einem Zeugen gegen das Auto getreten. Eine weitere Person habe dann mit der autofahrenden Person gesprochen. Die Person im Auto sei unbekannt geblieben, meldete sich nicht bei der Polizei. An einer Baustelle auf Höhe der Autobahnunterführung seien Bauzaunelemente auf die Straße gelegt worden. Autos seien danach aber über diese herübergefahren. Es liege keine Sachbeschädigung und keine konkrete Gefährdung vor. Unklar sei geblieben, ob die Bauzäune nicht sogar von Versamlungsteilnehmenden wieder entfernt wurden. Die zivile Polizeiaufklärerin Groth, welche für diesen Prozess nicht vernehmungsfähig war, hätte damals von zwei völlig zerstörten Bushaltestellen berichtet. Dass tatsächlich Bushaltestellen zerstört wurden seien, sei mehr als fraglich. Bei der Firma Wall, die diese Bushaltestellen betriebe sei eine Reparatur nicht dokumentiert worden. Bei einer Kontrolle am 10.07.2017 sei nichts aufgefallen. Erst am 11.07.2017 sei lediglich ein kaputter Fahrplanhalter festgestellt worden. Ob „No G20“-Graffitis an der Fassade der Firma Matthies während der Demo oder einen Tag später gesprüht worden seien sei unklar. Zwei Müllcontainer seien im Laufe der Demo auf die Fahrbahn gerollt. Hier sei die Grenze zur Strafbarkeit erreicht. Im hinteren Bereich der Demo wären Gehwegplatten von einzelnen zertrümmert worden. Von Taten, die mit vereinten Kräften begangen wurden, könne hier keine Rede sein. Das diese Situation alle Demoteilnehmenden mitbekommen haben sei unwahrscheinlich.
Zum Bewurf der BFE Eutin gäbe es nur eine inkonsistente Aussage vom Polizeizeugen Jokschat. Alle anderen Polizeizeugen berichteten anderes. Es sei nicht möglich den Bewurf auf die BFE Blumberg allen zuzurechnen. Dennoch galten die polizeilichen Maßnahmen nicht Einzelnen, sondern unterschiedslos allen. Zu einer solch hohen Anzahl von Verletzten sei es nicht nur durch das herausbrechende Zaunelement gekommen, sondern auch durch direkte Schläge und Tritte von Seiten der Polizei. So seien auf den Videos Personen zu erkennen die auf der Straße mit Rettungsdecken und Halskrausen versorgt werden mussten.
Was bleibt seien von Einzelnen begangene Straftaten. Einzelne dürfen für das Tun anderer nicht bestraft werden. Insofern beantragt Anwalt Wedel einen Freispruch.
Plädoyer von Anwältin Daniela Rohrlack: Es sei ihr unklar wie der Vorwurf mittäterschaftlichen Handelns in die Anklage gekommen sei. Das liege hier bereits nach Aktenlage schon nicht vor. Bereits von Anfang an sei es der Staatsanwaltschaft darauf angekommen, ein Netzwerk aufzudecken, das es nicht gibt, um die Hooligan-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anwenden zu können. Das Urteil sei eigentlich nicht auf das Demonstrationsstrafrecht anwendbar, weswegen die Staatsanwaltschaft versucht hat, der Demonstration ihren Versammlungscharakter abzusprechen. Was die Bedrohung anginge, von der einige Zeug*innen sprachen, hätten diese nur Angst um ihr Auto gehabt. Die Demonstrationsteilnehmer*innen hätten jedoch nie ein Verhalten gezeigt, dass eine Angst um Privatautos veranlasst haben könnte. Eine Bedrohung liegt damit gerade nicht vor, schon gar nicht in Mittäterschaft.
Auch eine Beihilfe liege nicht vor: es braucht eine Handlung, die eine Gewalttätigkeit fördere. Das Gericht hat bereits signalisiert, dass die Entscheidungen zu Connewitz und der Elbchaussee für das Rondenbarg-Verfahren relevant sein könnten. Diese Fälle passen jedoch nicht zum Rondenbarg-Verfahren. In der Connewitz-Entscheidung sei eine ganze Gruppe erkennbar vermummt und bewaffnet gewesen und der dortige Angeklagte habe sich trotzdem der Gruppe angeschlossen. Das sei mit Rondenbarg nicht vergleichbar, da die Teilnehmer*innen sich der Demo anschlossen, als sie friedlich losgelaufen ist. Bei der Elbchaussee gab es Kipppunkte, an denen sich hätte entfernt werden müssen, um sich nicht strafbar zu machen. Anders sei es beim Rondenbarg, weil es diese Kipppunkte nicht gegeben habe. Rechtsanwältin Rohrlack stellt die Frage: Wenn eine Person eine Gehwegplatte kaputt macht, müssen sich dann 199 andere davon distanzieren und sich entfernen?
Außerdem sei es im Connewitz-Verfahren und in der Elbchaussee darauf angekommen, dass die Angeklagten dort in Kenntnis der Gewalttätigkeit in der Gruppe geblieben sind oder sich ihr anschlossen. Im Rondenbarg jedoch habe es einen Aktionskonsens gegeben, der Gewalttätigkeiten nicht vorsah. Anders als die Staatsanwaltschaft behauptet, galt der Aktionskonsens auch für den Schwarzen Finger. Dieser war Teil des Fingerkonzeptes. Dies hatte auch der Protestforscher Haunss bestätigt. So gab es per Megafon auch eine Maßregelung, während eine Bushaltestelle angegriffen worden sei. Damit hätte der Aktionskonsens durchgesetzt werden sollen. Der beinhaltete auch ganz klar, dass keine Konfrontation mit der Polizei gesucht wird, weil Polizei nur aufhielte. Ziel sei es gewesen Protokollstrecken zu blockieren, weswegen die Demo schnell unterwegs gewesen sei, Lücken geschlossen habe und in den Rondenbarg abgebogen sei. Auch in den anderen Fingern habe es Vermummung, Sprühereien, Rauch und Anglerhüte gegeben. Das sei ein Beleg dafür, dass die Finger alle ähnlich unterwegs waren und der Schwarze Finger sich nicht wesentlich von den anderen unterschied.
Anwältin Rohrlack stellt nochmal die Frage, wann man sich hätte distanzieren und entfernen müssen, um sich nicht strafbar zu machen. Sie stellt die Frage nach dem Kipppunkt und stellt fest, dass Eutin so ein Kipppunkt hätte sein können. Den Bewurf habe es aber erwiesenermaßen nicht gegeben. Es liege keine Beihilfehandlung vor. Auch mögliche Vorbereitungshandlungen ihres Mandanten seien nicht strafbar. Sie beantrage einen Freispruch.
Mittagspause von 11:45 bis 13:25 Uhr.
Plädoyer von Anwalt Sven Richwin: Im Zuge des Prozesses hätte es deutlich mehr Aufklärung gegeben als im Sonderausschuss der Hamburger Bürgschaft. Es seien so viele schriftliche Erklärungen gemacht worden, da es beim Landgericht kein Wortprotokoll gäbe und es so nachvollziehbar bleibt wie die Verteidigung argumentiert hat. Schlecht sei, dass die Richterin bis zum Schluss die Sicherheitsverfügung aufrechterhalten habe. Gut sei, dass so viele Beobachter*innen kontinuierlich anwesend waren.
Anwalt Richwin zitiert aus „Man in Black“ von Johnny Cash: „Nun, Du fragst Dich, warum ich immer Schwarz trage, warum Du nie helle Farben an mir siehst, und warum meine Erscheinung so düster wirkt. Ja es gibt einen Grund für die Sachen, die ich anhabe. Ich trage Schwarz für die Armen und die Niedergeschlagenen, die im hoffnungslosen, hungrigen Viertel der Stadt leben, Ich trage es für den Gefangenen, der schon lange für sein Verbrechen bezahlt hat, aber noch immer sitzt, weil er ein Opfer der Zeit ist. Ich trage Schwarz für die, die noch nie lasen, oder auch den Worten Jesu zuhörten, über die Straße zum Glück über die Liebe und Nächstenliebe. Warum, denkst Du, spricht Er direkt zu uns? Nun, es geht uns ziemlich gut, so will ich annehmen, in unseren schnittigen Wagen und schicken Klamotten. Aber gerade so werden wir erinnert an die, die benachteiligt werden. An der Spitze sollte ein Mann in Schwarz sein. Ich trage es für die Kranken und einsamen Alten, für die Leichtsinnigen, deren Weg sie ins Leere geführt hat, Ich trage Schwarz in Trauer um die Leben, die ungelebt bleiben, Jede Woche verlieren wir hundert gute junge Männer. Und, ich trage es für die Tausenden, die starben, im Glauben, dass Gott auf ihrer Seite war, Ich trage es für weitere hunderttausend, die starben, im Glauben, dass wir alle auf ihrer Seite waren. Nun, ich weiß, es gibt Dinge, die werden nie in Ordnung sein, und wohin Du auch gehst, wird es Dinge geben, die geändert werden müssen, Aber solange wir nicht anfangen uns zu bewegen und ein paar Sachen richtig zu machen, wirst Du mich niemals im weißen Anzug sehen. Ah, ich würde gerne jeden Tag die Farben des Regenbogens tragen, und der Welt damit sagen, dass alles OK ist, Aber ich will versuchen, auf meinem Rücken ein wenig Düsternis fortzutragen, bis die Welt heiterer wird, bin ich der Mann in Schwarz.“
Die Polizei sieht das erfahrungsgemäß anderes. So postete die Polizei während der „Welcome to Hell“-Demo auf Social Media den Satz „Friedlicher Protest sieht anders aus.“ Dazu veröffentlichen sie ein Foto auf dem schwarz gekleidete Personen abgebildet sind, die keine Straftat begehen. Der Polizei fallen bei Vermummung keine alternativen Deutungsmuster ein. Wie dass es sich beispielsweise um eine expressive Selbstdarstellung handelt, oder einen Selbstzweck haben kann, sich zu vermummen.
Die Soko „Schwarzer Block“ hatte ein Logo auf dem eine vermummte Person mit einer Zwille abgebildet ist, um klar zu machen was das Feindbild ist. Die Polizei hat die Ermittlungen einseitig geführt. So wurde zum Beispiel nie der Fahrer des ersten Fahrzeuges der Eutiner BFE befragt, ob er Bewurf mitbekommen habe. Mehr als 100 Anklagen hat es gegen Polizist*innen gegeben. Kein Verfahren wurde eröffnet. Es lege ein Schweigekartell auf Seiten der Polizei vor.
Die Verletzungen im Rondenbarg waren erheblich. Die Darstellung der Staatsanwaltschaft sei empathielos. Die Verletzten haben sich ihre Verletzungen nicht selber zuzuschreiben. Von vorne und hinten habe die Polizei gleichzeitig Gewalt gegen die Demonstrierenden ausgeübt. Die Verletzungen rühren nicht alleine daher, dass ein Zaunelement herausgebrochen sei, sondern auch durch Schläge und Tritte der Blumberger BFE und dem gleichzeitigen Wasserwerfereinsatz.
G20 sei ein Misserfolg gewesen. Mit diesem Gipfel begann die Ära der Kriege. Während des Gipfels habe es Schikanen gegen Pressevertreter*innen, Demoverbotszonen und viele Verletzte gegeben. Es habe einen Kontrollverlust gegeben. Auf Grundrechte sei verzichtet worden.
Die, die damals die Verantwortung für dieses Desaster hatten sind aufgestiegen. So ist der damalige Leiter der Soko, Hieber, nun Leiter des LKA. Scholz war Bürgermeister und ist nun Bundeskanzler. Dudde war der Einsatzführer und wurde dann zum Leiter der Schutzpolizei.
Als schuldig für den Kontrollverlust sei der Schwarze Finger ausgemacht worden. Es wurde gleich gesagt, dass dies keine Demonstration, sondern ein gewaltvoller Mob gewesen sei. Doch: Das Versammlungsrecht sei Minderheitenschutz. Grenzen des Erlaubten bilden die Strafgesetze.
Im Brokdorf-Beschluss von 1985 hat das Bundesverfassungsgericht eine Grundsatzentscheidung zum Versammlungsrecht abgegeben. Hintergrund war eine Demonstration, die 1981 verboten worden sei. Dagegen wurde geklagt. Der Beschluss macht klar, dass niemand in Mithaftung genommen werden kann nur weil ein Teil auf einer Demo gewalttätig ist.
Es gebe eine Gestaltungsfreiheit. Wann, wo und in welcher Form demonstriert wird entscheiden die Demonstrierenden. Versammlungen seien keine Schönheitswettbewerbe. Um Nettigkeit ginge es nicht. Seit Jahrzehnten sei es verfassungsrechtlich unstrittig, dass man nicht in Mithaftung für das Tun anderer genommen werden kann.
Uniformierung sei zwar verboten, aber wenn mehrere Personen schwarze Kleidung tragen ist das noch keine Uniform. Im Zuge der Föderalisierung der Versammlungsgesetze gibt es Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen die einen eigenen Paragraphen haben mit dem Titel „Gewalt- und Einschüchterungsverbot“. Hamburg habe kein eigenes Versammlungsgesetz, aber in den bundesweit geltenden Gesetzen komme ein solches Verbot nicht vor.
In ihrem Plädoyer habe die Staatsanwältin nur in zwei Sätzen das Versammlungsrecht erwähnt. Anwalt Richwin führt zwei Entscheidungen hoher Gerichte an: In einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2016 wurde über die Rechtmäßigkeit eines über Stunden andauernden Kessels während einer Blockupy-Demo 2013 in Frankfurt entschieden. Die Polizei hatte damals zwei Blöcke gekesselt aber die Demonstration als Ganzes nicht aufgelöst. Der Rest konnte weiter gehen. In einem anderem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts von 2023 wurde entschieden, dass die Blockade gegen einen AfD-Parteitag in Stuttgart keine Versammlung gewesen sei, da sofort gewalttätig agiert worden sei.
Anders im hier vorliegenden Fall. Hier gab es eine Versammlung und diese kann dann auch nicht einfach diesen Status verändern. Die Auflösung war rechtswidrig. Selbst wenn Menschen nicht öfter geworfen haben sind von den 200 Personen 180 friedlich gewesen.
Eine Verurteilung hätte Auswirkungen auf das Versammlungsrecht. Auch auf die innere Versammlungsfreiheit hätte eine Verurteilung eine abschreckende Wirkung, da eine Verurteilung bedeuten würde, dass ich belangt werden kann obwohl ich friedlich blieb.
Staatliche Maßnahmen wie der Einsatz von Zivilpolizei und das Filmen einer Demonstration müsse angekündigt werden. Anwalt Richwin beantragt einen Freispruch.
Die beiden Angeklagte spielen „Schnick, Schnack, Schnuck“, um zu entscheiden, wer zuerst spricht. Die Angeklagten halten nacheinander ihre kämpferischen „Letzten Worte“. Minutenlager Applaus von Seiten der Beobachter*innen. Beide Angeklagte verlesen ein abwechselnd gehaltenes Schlusswort. Wieder Applaus.
Um 14:40 Uhr endet der Prozesstag. Die Urteilsverkündung soll am 3. September 2024 um 11 Uhr stattfinden. Die Verteidigung regt an dafür in einen größeren Saal zu gehen.