Bericht vom 19. Prozesstag (18.07.24)
Die Verhandlung beginnt um 9:45 Uhr im Saal 288. Alle Prozessbeteiligten sind anwesend. 11 Prozessbeobachter*innen sind da. Wie immer müssen alle Beobachter*innen ihre Schuhe bei der Einlasskontrolle ausziehen.
Die Verhandlung beginnt um 9:45 Uhr im Saal 288. Alle Prozessbeteiligten sind anwesend. 11 Prozessbeobachter*innen sind da. Wie immer müssen alle Beobachter*innen ihre Schuhe bei der Einlasskontrolle ausziehen.
Alle Prozessbeteiligten sind anwesend. Der ausgeschlossene Schöffe Wegmann wurde gegen die Ersatzschöffin, die bereits seit dem ersten Prozesstag anwesend war, ausgetauscht. Berufsrichter*innen und Verteidiger*innen haben wegen der hohen Temperaturen keine Roben an. Der Prozess startet etwa 9:40 Uhr. 14 Prozessbeobachter*innen sind anwesend.
Seit Januar läuft vor dem Hamburger Landgericht ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den G20-Protesten in Hamburg. 2017 wurde dort in der Straße „Rondenbarg“ eine Demonstration von der Polizei eingekesselt und aufgelöst. Dabei wurden elf Demonstrierende schwer verletzt, kein Beamter kam zu Schaden. Trotzdem stehen jetzt nicht die verantwortlichen Polizist*innen, sondern die Demonstrierenden vor Gericht.
Das Verfahren bedroht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit: Keinem der 86 Angeklagten wird eine individuelle Tat vorgeworfen, die bloße Anwesenheit auf der Demonstration soll für eine Verurteilung reichen. Aus schwarzer Kleidung von Demoteilnehmer*innen soll eine „Unterstützung von Gewalttäter*innen“ konstruiert werden. Das würde Kollektivstrafen gegen Demonstrierende zunehmend als Standard etablieren. Allein die Möglichkeit, für die bloße Teilnahme an einer Demonstration vor Gericht zu landen, kann schon heute abschrecken, überhaupt an Versammlungen teilzunehmen.
Schon jetzt gibt es vergleichbare, kollektive Vorwürfe: Gegenüber 1300 Antifaschist*innen, die in Leipzig auf der Antirepressions-Demo am 3. Juni 2023 nach dem Urteil im Antifa-Ost-Verfahren bis zu elf Stunden eingekesselt wurden. Gegen alle laufen Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall. Auch gegen Klimaaktivist*innen, die in Lützerath für Klimagerechtigkeit demonstrierten, wird aufgrund ihrer Teilnahme an einer Demonstration wegen schwerem Landfriedensbruch ermittelt. In Baden-Württemberg wird aktuell gegen 167 Teilnehmer*innen der revolutionären 1.-Mai-Demo in Stuttgart ermittelt, denen im Nachgang eines Polizeiangriffes Landfriedensbruch vorgeworfen wird.
Der Ausgang des Rondenbarg-Verfahrens wird auch die weiteren Verfahren maßgeblich beeinflussen, eine Verurteilung wäre ein gefährlicher Dammbruch. Gerade jetzt braucht es in Zeiten von Kriegen, Klimakrise und rechter Hetze viele mutige Menschen, die ihr Recht auf Versammlungsfreiheit entschlossen und vielfältig nutzen.
Kommt am Tag X zur Demonstration nach Hamburg, wo derzeit der Rondenbarg-Prozess stattfindet und nach Karlsruhe, wo sich der Bundesgerichtshof befindet, der bei einer Revision urteilen wird. Tag X ist der Samstag vor der Urteilsverkündung im Rondenbarg-Prozess. Für Versammlungsfreiheit und widerständigen Protest!
Demonstration
Samstag vor dem Urteil – 15 Uhr – Hamburg und Karlsruhe
Alle Prozessbeteiligten sind anwesend: die drei Berufsrichter*innen, die drei ehrenamtlichen Richter*innen, die Staatsanwältin, die vier Verteidiger*innen und die beiden Angeklagten. Im Zuhörer*innenraum sind 18 Prozessbeobachter*innen. Darunter Journalist*innen sowie drei Polizeibeamte in zivil. Diese geben sich als Auszubildende aus Hamburg zu erkennen nachdem sie gefragt werden wie sie Handy und Getränke in den Raum bekommen haben. Die Anfangszeit der Verhandlung wurde einige Tage im Vorfeld um 30 Minuten nach hinten auf 10 Uhr verlegt. Die Verhandlung beginnt um 10:55 Uhr, da der Zug eines Angeklagten Verspätung hat.
Der Prozesstag beginnt um 9:05 Uhr. Es sind noch nicht alle Prozessbeobachter*innen im Saal 288. Die Sicherheitskontrollen sind unverändert hoch, so dass es lange dauert bis alle 18 Zuschauer*innen in den Saal gelangen können. Eine Person aus dem Publikum beschwert sich über die weiterhin intensiven Einlasskontrollen und darüber, dass die Richterin anfangen will, obwohl die Öffentlichkeit noch nicht hergestellt ist. Die Richterin erwidert, dass die Schleuse ab 8 Uhr geöffnet hätte und beginnt mit der Verhandlung. Bei der Staatsanwaltschaft ist eine Vertreterin für die ansonsten zuständigen Meesenburg und Helfen anwesend.
Der Prozess beginnt um 9:50 Uhr im Sitzungssaal 288 des Landgerichts Hamburg. Die umfassenden Einlasskontrollen werden nach wie vor aufrechterhalten. Neben den beiden Angeklagten und ihren Anwält*innen Schrage, Rohrlack, Wedel und Richwin sind 17 Prozessbeobachter*innen anwesend, darunter auch Journalist*innen. Anwesend sind auch die Richter*innen Boddin, Pohle und Werner sowie der Staatsanwalt Helfen und die drei Schöff*innen.
Geplant für den Tag sind die Befragungen von drei Zeugen. Den Anfang macht der 66-jährige Hartmut Licht, „Leitender Regierungsdirektor und Abteilungsleiter Auswertung des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg“. Danach folgt der Polizeibeamte Anochin der BFE Blumberg und der Fahrzeugwart Petereit, ebenfalls BFE Blumberg.
Es ist der dritte Prozess gegen Teilnehmende des „Schwarzen Fingers“, die auf dem Weg vom Protestcamp im Hamburger Volkspark in die Innenstadt waren, um sich an der Blockade der Zufahrtswege zum Tagungsgelände zu beteiligen. Die ersten beiden Prozesse wurden im Februar 2018 und im Januar 2021 wegen Mutterschutz der Richterin beziehungsweise Corona abgebrochen. Interview nach dem zehnten Verhandlungstag Anfang April 2024 mit der G20-Angeklagten Gabi Müller aus Berlin.
Der Prozess beginnt um 09:40 Uhr im Saal 288. Nach wie vor müssen sich Besucher*innen den zeitraubenden Sicherheitskontrollen an einem Extraeingang unterziehen. Einer der Schreiber*innen des Prozessberichts kann erst im dritten Anlauf, nach einer halben Stunde in den Saal. Anwesend sind die Richter*innen Boddin, Pohle und Werner, drei Schöff*innen, Staatsanwältin Meesenburg, die beiden Angeklagten und ihre Anwält*innen – Schrage, Rohrlack, Wedel und Richwin – sowie acht Prozessbeobachter*innen. Die Mikrophonanlage funktioniert zuerst nicht, wird auf Wunsch des Publikums besser eingestellt, trotzdem sind im Publikum nur Teile der Verhandlung zu verstehen. Dreimal wird aus dem Publikum gebeten lauter zu sprechen, aber die Situation verschlechtert sich eher.
Der Prozess beginnt um 09:35 Uhr im Saal 288. Weiterhin sind vor Prozessbeginn umfangreiche Einlasskontrollen angesetzt. Anwesend sind die Richter*innen Boddin, Pohle und Werner, drei Schöff*innen, Staatsanwältin Meesenburg, die beiden Angeklagten und ihre Anwält*innen – Schrage, Rohrlack, Wedel und Richwin – sowie 12 Prozessbeobachter*innen.
Geladen sind an diesem Prozesstag zwei Zeugen: Zum einen der Ermittlungsleiter des Teams 1 der Soko „Schwarzer Block“, Richters sowie der Polizist Michalak, der am 07.07.2017 einen Einsatz als ziviler Aufklärer hatte.
Wieder einmal warten noch Menschen vor dem Einlass bei Prozessbeginn wegen der weiterhin von der Richterin angesetzten schikanösen Kontrollen wie zum Beispiel Schuhe durchleuchten. Obwohl somit die Öffentlichkeit nicht hergestellt ist, beginnt die Richterin den Prozesstag pünktlich um 9 Uhr. Alle Prozessbeteiligte sind anwesend: die drei Richter*innen, die drei Schöff*innen, die Staatsanwältin, die vier Verteidiger*innen und die beiden Angeklagten. Bis auf einen Stuhl im Zuhörer*innenraum sind letztlich alle belegt: 32 Prozessbeobachter*innen sind anwesend.
Am heutigen Prozesstag wird der als Sachverständiger geladene Protestforscher Sebastian Haunss gehört. Die Richterin erklärt, ihn für einen fachlichen Input auf Basis seines Forschungsprojekts und seiner Erhebungen rund um die G20-Proteste geladen zu haben. Im aktuellen Verfahren gehe es um eine schwarz gekleidete Gruppe, von der die Ermittlungsbehörden sagen, das sei ein Schwarzer Block gewesen, die Gegenseite jedoch sage, es habe sich dabei um ein Farbkonzept gehandelt. Haunss gibt an, als Politikwissenschaftler promoviert und habilitiert und derzeit mit einem Forschungsschwerpunkt auf Protestforschung und sozialen Bewegungen an der Universität Bremen tätig zu sein. Zu den G20-Protesten in Hamburg habe er auf der Demonstration am Samstag vor dem Gipfel und auf der Abschlussdemonstration Befragungen durchgeführt und die Ergebnisse in einem Buch mit dem Titel „Eskalation“ veröffentlicht.