Prozesstermine 22.12. und 6.1. finden nicht statt
Das Landgericht Hamburg hat die Termine im Rondenbarg-Pilotprozess vom 22.12.20 und vom 06.01.21 wegen Corona aufgehoben. Voraussichtlich geht es am 11.01.21 weiter.
Das Landgericht Hamburg hat die Termine im Rondenbarg-Pilotprozess vom 22.12.20 und vom 06.01.21 wegen Corona aufgehoben. Voraussichtlich geht es am 11.01.21 weiter.
Nachdem heute erstmals eine zweite Wahlverteidigung im Verfahren aufgetreten ist, wobei noch unklar ist, inwieweit diese dauerhaft an den Verhandlungen teilnehmen kann, war der Vorsitzende Richter Halbach etwas irritiert, konnte dies aber auch nicht behindern.
Zu Beginn der Verhandlung wurde von der Verteidigung ein Aussetzungsantrag des Verfahrens gestellt. Begründet wurde dieser mit der aktuellen Corona-Pandemie und dem erhöhten Infektionsrisiko der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft sprach sich gegen den Antrag aus und nach einstündiger Beratung lehnte auch das Gericht den Antrag mit der Begründung ab, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichen würden (was auch mit dem Arbeitsmedizinischen Dienst rückbesprochen wurde) und auch die Dringlichkeit des Verfahrens eine Fortführung gebiete.
Etwa 3000 Menschen haben am Samstag, den 5.12.2020, in Hamburg ihre Solidarität mit den Angeklagten im Rondenbarg Prozess ausgedrückt. Die Demonstration wurde von der Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ organisiert, deren Aufruf von über 100 linken Organisationen unterstützt wird.
Nachdem bereits am ersten Prozesstag am Donnerstag Unterstützer*innen aus mehreren Städten in Hamburg anwesend waren, beteiligten sich am Samstag tausende Genoss*innen aus ganz Deutschland und darüber hinaus an der Demonstration. Verschiedene große Blöcke von linken Gruppen und Organisationen verdeutlichten den spektrenübergreifenden Charakter des Solidaritätsbündnis „Gemeinschaftlicher Widerstand“. Vorne lief der gemeinsame Bündnisblock, gefolgt von den Blöcken von Perspektive Kommunismus, der Interventionistischen Linken, Anarchist*innen & Feministische Antifa Hamburg. Dazwischen und dahinter beteiligten sich trotz der Hetze von Verfassungschutz, WELT & co. auch viele Hamburger*innen an der Demonstration, die die Mär von Olaf Scholz, „Polizeigewalt hat es nicht gegeben“, hinterfragen. Das Gängeviertel begrüßte die große Demonstration mit einem Feuerwerk.
Am 3.12.2020 startete wie angekündigt der Pilotprozess gegen fünf junge Menschen im so genannten „Rondenbarg-Komplex“ nach Jugendstrafrecht unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor dem Hamburger Landgericht. Vorgeworfen wird den Angeklagten schwerer Landfriedensbruch, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, versuchte gefährliche Körperverletzung und Bildung bewaffneter Gruppen.
Aufgrund der krankheitsbedingten Verhinderung eines Strafverteidigers war bis zuletzt unklar, ob der erste Verhandlungstag stattfinden kann. In letzter Minute – am Morgen des Verhandlungstages – wurde der Verhandlungsumfang durch einen OLG Beschluss auf ein Minimum begrenzt, da eine der Angeklagten durch eine nicht eingearbeitete Vertreterin verteidigt werden musste. Das OLG hatte klargestellt, dass in Abwesenheit des beigeordneten Verteidigers nur die Anklage verlesen und die Angeklagten belehrt werden könnten.
Einen Tag vor Prozessbeginn hat einer der Angeklagten im Rondenbarg-Verfahren im neuen deutschland und der taz Interviews gegeben:
Ein Interview mit einer weiteren Angeklagten ist heute beim Kommunalinfo Mannheim erschienen.
Diese und viele weitere Artikel zum „Rondenbarg-Komplex“ sind in unserem laufend aktualisierten Pressespiegel dokumentiert.
Die Verfahren im sog. Rondenbarg-Komplex sind nicht nur ein weiterer Höhepunkt in der massiven Repressionswelle gegen G20-Gegner*innen, die auch dreieinhalb Jahre nach dem Gipfel in Hamburg im Juli 2017 weiter ungebrochen ist. sondern mit insgesamt über 80 Angeklagten der größte Mammutprozess gegen Linke seit Jahrzehnten.
Am 3. Dezember 2020 beginnt nun der Pilotprozess gegen die fünf jüngsten Angeklagten, die bei den G20-Protesten noch minderjährig waren. Über viele Monate hinweg müssen die Heranwachsenden nun wöchentlich nach Hamburg zu ihren Prozessterminen pendeln, was eine ungeheure Belastung für die fünf Betroffenen darstellt. Die eigentlichen Ereignisse geben wahrlich keinen Anlass zu einem so aufgeblähten Prozess. Etwa 200 Demonstrant*innen, die auf dem Weg zu Blockadeaktionen waren, wurden am Morgen des 7. Juli 2017 in der Straße Rondenbarg in Hamburg-Bahrenfeld ohne Vorwarnung von einer BFE-Einheit angegriffen.
Bundesweit wurde am vergangenen Wochenende zum dezentralen Aktionstag, zu dem die Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ aufgerufen hatte, Solidarität mit den Betroffenen der Rondenbarg-Verfahren gezeigt. In vielen Städten fanden Kundgebungen, Demonstrationen und andere Aktionen statt. Auf der Seite der Kampagne gibt es eine Zusammenfassung zu lesen.
„Heute zum Aktionstag Rondenbarg wollen wir als Hamburger Betroffene das Wort ergreifen. Vor dem Hintergrund, dass der Prozess in dieser Woche beginnt, wollen wir euch alle zur bundesweiten Demonstration am 5.12. um 16 Uhr am Hamburger Hauptbahnhof einladen, mit uns gemeinsam auf die Straße zu gehen und eine Gegenöffentlichkeit herzustellen.“ Weiterlesen auf lowerclassmag.com
Wir dokumentieren das Grußwort der fünf Angeklagten zu den heutigen Aktionen am Tag X
Liebe Genoss*innen,
als die 5 Angeklagten, die nun am kommenden Donnerstag in Hamburg vor Gericht stehen werden, wollten auch wir uns nun mal bei euch melden.
Die gesamten Aktionen am jetzigen Wochenende, am Donnerstag zum Prozessbeginn und auch die Demo am 05.12. – die Unterstützung und Solidarität von verschiedensten Seiten die wir in den letzten Wochen erfahren haben hat uns Kraft gegeben und uns greifbar gemacht, dass wir tatsächlich alle gemeint sind. Auch wenn es jetzt erstmal nur uns 5 getroffen hat, zeigt ihr so, dass wir alle zusammen stehen. Der Ausgang unseres Prozesses beeinflusst nicht nur die Verfahren gegen die knapp 80 weiteren Beschuldigten vom Rondenbarg. Er wird auch zeigen, inwieweit das Demonstrationsrecht beschnitten werden und linke Straßenpräsenz immer weiter kriminalisiert werden kann. Der Protest gegen die G20 und das kapitalistische System für das sie stehen: Umweltzerstörung, Kriege; Flucht, Abschottung und Überwachung; Ausbeutung und Unterdrückung – den wir damals gemeinsam auf die Straße getragen haben ist immer noch legitim und notwendig. Wenn die Justiz uns deswegen verfolgt, dann zeigt sie schlicht und einfach nur, wessen Interessen sie durchsetzen soll: die der herrschenden Klasse.
Liebe Aktivist*innen,
Liebe Genoss*innen,
Fast dreieinhalb Jahre ist es her, dass wir gemeinsam gegen das G20-Spektakel auf der Straße waren. Mit vielfältigen Aktionen haben wir gezeigt, dass wir mit der herrschenden Weltordnung nicht einverstanden sind und uns den Protest und Widerstand dagegen nicht nehmen lassen. Allen Verboten zum Trotz gab es eine ganze Mengen an politischen Aktionen – und wir waren richtig Viele! Es ist gelungen, eine ganze Reihe an unterschiedlichen linken Organisationen und sozialen Bewegungen zusammenzubringen im Protest gegen den G20-Gipfel.